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Ausstellung im Wasserschloss Entenstein, Schliengen | Oktober 2024 bis März 2025


Der Maler von Mark Knopflers Gitarre und dem Markgräflerland – Thomas Steyer stellt in Schliengen aus

Es ist für jeden Künstler etwas Besonderes, wenn er der Öffentlichkeit neue Werke zeigen kann. Thomas Steyer hat das schon oft erlebt und freut sich auf seine neue Ausstellung im Schliengener Wasserschloss.       

Susanne Pfunder, Badische Zeitung 17. 10. 2024   

Thomas Steyer in seinem Atelier

Thomas Steyer stellt im Schliengener Rathaus aus. Foto: Susanne Pfunder

Der 1955 geborene Maler blickt auf ein bewegtes Künstlerleben zurück. In Berlin als Sohn eines Bildhauers und einer Primaballerina aufgewachsen, studierte er in Berlin und London freie Malerei. Anfangs war sein künstlerisches Schaffen davon geprägt, mit seiner Kunst Geld verdienen zu müssen. In London wurde er als "One-Off-Painter" bekannt, weil er jedes Gemälde verkaufte, sobald es getrocknet war.

Gitarrenbild schaffte es auf Schallplatte der Dire Straits

Seine Liebe galt damals der realistischen Malerei. Glänzende Objekte faszinierten ihn und so malte er Fahrradteile, Kugellager oder Kühlerfiguren, denen er durch bunt-abstrakte Spiegelungen den individuellen Pfiff gab. Sein größter Coup gelang ihm mit Mark Knopfler von den Dire Straits, dessen Gitarre er ausleihen und malen durfte. Sein Bild wurde auf die Schallplattenrückseite von "Brothers in Arms" gedruckt und seit 1985 über 30 Millionen Mal verkauft. "Ich liebte die Band. Und Mark Knopfler kaufte mir das Bild ab und hängte es in seine Wohnung. Was für ein Moment war das!", erzählt Steyer noch immer begeistert. "Für die Verwendung auf der LP bekam ich ein symbolisches Pfund, finanziell brachte das also nicht so viel. Aber es blieb bis heute das Aufregendste in meinem künstlerischen Leben."

Nach 13 Jahren in London zog es Steyer nach Sydney, "wegen des guten Wetters", wie er sagt. Damals war er bereits ein etablierter Illustrator und später einer der Ersten, die den gesamten Arbeitsprozess auf digital umstellte. Als Ausgleich für die Arbeit am Computer begann Steyer mit dem Malen abstrakt-expressionistischer Bilder und mit der Zeit entwickelte sich daraus nach der realistischen Phase und der Zeit als Illustrator seine dritte Karriere.

Über Berlin, London und Sydney ins Markgräflerland

Etwa in dieser Zeit lernte Thomas Steyer seine Frau Elke kennen, die an der deutschen Schule in Sydney als Lehrerin unterrichtete. Als ihre Zeit dort zu Ende ging, war für Steyer klar, dass er mit ihr ins Markgräflerland gehen würde. So folgte auf Berlin, London, Sydney also das Dörfchen Liel, in dem die beiden seither leben. Heute habe er als Künstler nichts mehr zu verlieren, sagt Thomas Steyer. In seinem Atelier entstehen Gemälde, die er als "Ausdruck von Gefühlen, nicht so sehr des Denkens" beschreibt.

Oft entstehe der erste Entwurf in kurzer Zeit und verändere sich dann über Tage und Wochen mit jedem "Daran-Arbeiten" in anderen Gefühlszuständen immer weiter. "Meist gewinnen die Bilder dadurch an Tiefe", sagt Steyer, "aber schon manches Mal, wenn Elke mich beispielsweise zum Essen gerufen hat und ich unterbrechen musste, habe ich im Nachhinein festgestellt, dass jede weitere Arbeit an einem Gemälde zu viel gewesen wäre." Unbeeinflusst von Verpflichtungen und nur der eigenen Leidenschaft folgend, sind auch die neuesten Werke entstanden, die Steyer unter dem Dach des Kunstforums in Schliengen zeigt.

Vernissage am Freitag, 18. Oktober, 19 Uhr, im Schliengener Rathaus. Sonia Itten vom Kunstforum gibt eine Einführung. Die Ausstellung ist bis 14. März 2025 zu sehen.


Ausstellung in der Helios Klinik Müllheim | März bis Oktober 2024

In der Zeitung wurde angekündigt, meine Ausstellung zeige ein Spektrum von realistischen bis abstrakten Bildern. Da Realismus allerdings nicht vertreten ist, habe ich in meiner Ansprache stattdessen kurz meinen Werdegang skizziert: wie ich zunächst mit dem Realismus begann und mich dann zum Abstrakten Expressionismus vorarbeitete. Mehr…


Liebe Gäste,

ich begrüße Sie herzlich.

Ich heiße Thomas Steyer und möchte Ihnen erzählen, wie ich vom Realismus zum abstrakten Expressionismus gelangt bin, was ich so lange im Ausland gemacht habe und warum ich meinen Bildern englische Titel gebe.

Ich habe Kunst studiert, zuerst in Berlin und dann in London. Freie Malerei. Ich wollte eigentlich schon immer realistisch malen. Zu der Zeit war allerdings Abstrakt angesagt, was in Berlin leider oft in grau ausartete. Traurig und ernst, eben wie die Mauer. Ich musste in denselben Räumen malen, in denen mit viel Farbe herumgespritzt wurde, wo wandgroße Bilder mit Farbrollern bearbeitet wurden. Ich war von Leitern und Eimern umgeben, als hätte ich die Maler im Haus. Das hatte mir nicht so sehr gefallen, denn ich musste meine Bilder vor diesen Farbspritzern schützen. Außerdem war es zu grau um mich herum.

In London war es fast wieder zu bunt. Für viele meiner Kollegen war David Hockney ein großes Vorbild. Außerdem war meine Schule an der King's Road, dem Zentrum der Punkbewegung, die damals in voller Blüte stand. Dennoch malte ich unbeirrt weiterhin in meinem sehr realistischen Stil. 

Ich fand glänzende Objekte faszinierend und malte Küchenutensilien aus Edelstahl, Fahrradteile, Kugellager (Kugellager sind an sich schon Kunstwerke, nur leider in Maschinen versteckt). Im Gegensatz zur Fotografie, bei der reflektierende Objekte oft farblos mit viel Kontrast wiedergegeben werden, versuchte ich, sie so farbenkräftig wie möglich darzustellen. Fotografen räumten alles weg, was sich in der Oberfläche widerspiegeln konnte und ich habe alles herangeschafft, um den Objekten Farbe zu geben. Da spiegelte sich allerlei in den Kugellagern und Kühlerfiguren, man konnte nur nicht erkennen was. Und es war auch nicht wichtig, solange es der Formgebung beitrug. Niemand fragte, was sich darin widerspiegelte. Es war egal. - Mir war es damals nicht bewusst, aber was sich da widerspiegelte waren meine ersten Abstrakte.

Nach dem Studium blieb ich erst mal in London, denn ich hatte inzwischen Freunde und sogar geheiratet.

Man nannte mich einen "One-Off-Painter" Ein Bild - fertig. Andere Künstler produzierten oft ganze Serien. Ich malte und verkaufte, malte und verkaufte. Mein Vater hatte mich gewarnt: Wenn du Maler werden willst, musst du auch davon leben können. Er selbst war Bildhauer und hatte seinen Lebensunterhalt damit bestritten. Er wusste, wovon er sprach.

Ausstellungen waren schwierig zu organisieren. Denn um genügend Bilder zur Verfügung zu haben, durfte ich eine Weile nichts verkaufen. Aber wovon sollte ich in der Zeit denn leben?

Ich suchte mir meine Kundschaft selbst. Ich lieh mir Objekte aus, häufig von den Herstellerfirmen selbst, denen ich anschließend das in Öl auf Leinwand gemalte Bild zum Kauf anbot. Meist klappte es und ich wurde gut belohnt. Oft hatte ich das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Die Jaguar-Fabrik in Coventry hatte allerhand Autos in ihrer Eingangshalle stehen und konnte noch gut was für die Wände gebrauchen, und Shure Microphones suchte ein Geburtstagsgeschenk für ihren Geschäftsleiter, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Dann schrieb ich meine Lieblings-Musiker an, ob sie mir ihre Gitarren ausleihen könnten. Bei Mark Knopfler hatte ich einen guten Zeitpunkt erwischt, denn als ich ihm seine hochreflektierende Steel-Gitarre wiederbrachte und ihm das Bild vorstellte, kaufte er es sofort, und das Management von Dire Straits bot mir an, das Gemälde für die Rückseite ihres bevorstehenden Albums "Brothers In Arms" zu verwenden. Dafür war gerade noch Zeit, sonst wäre die Hülle rückseitig leer geblieben.

Daraufhin wurde mein Bild weitgehend für die "Brothers In Arms" Tour verwendet. Das T-Shirt hatte mir allerdings gar nicht gefallen. Mein Bild darauf war verzerrt und irgendwie stümperhaft in eine bestimmte Perspektive gerückt. Ich dachte, dass ich es selbst besser gekonnt hätte. Natürlich war es längst zu spät, trotzdem ging ich auf die Suche, um herauszufinden, wie man es hätte besser machen können, und stieß dabei auf den Airbrush-Illustrator Tom Stimpson. Der kaufte gleich eins meiner Gemälde (eins mit Büroklammern), und schenkte mir seinen alten Kompressor und zwei Airbrushes. Er gab mir Tipps und ließ mich ein paar mal bei der Arbeit zusehen.

Nachdem ich etwas Übung mit der Airbrush bekommen hatte, wurde ich selbst Illustrator und arbeitete fortan für die Werbeindustrie. Ich erhielt ein breites Spektrum von verschiedenartigen Aufträgen, manchmal gut bezahlte von der Pharmaindustrie und manchmal weniger lukrative redaktionelle Arbeiten. Doch insgesamt verdiente ich gut und konnte mich nicht beklagen. Höchstens über das Wetter. 

So bin ich eben von England nach Australien ausgewandert, nach Sydney. Wunderbares Wetter. Und Arbeit gab es dort für mich auch. Mein Stil wurde noch realistischer und als dann in ein paar Jahren die Entwicklung von Computern soweit war, dass Künstler damit arbeiten konnten, war ich einer der ersten, die ihren gesamten Arbeitsprozess auf digital umstellten. Wird sich nicht durchsetzen, hatte man gesagt. Art Directors wollen immer etwas in den Händen halten. Das war falsch. 

Nun brauchte ich allerdings einen Ausgleich. Ich war doch Maler. Ich wollte mit Farbe und Pinseln arbeiten, und daher habe ich angefangen, neben der filigranen Illustrationsarbeit großformatige abstrakte Bilder zu malen. Zwischen zwei Aufträgen konnte ich mich dann oft so richtig austoben. Ganz zwanglos. Nur so malen, wie es aus mir herauskam. Nicht daran denken, ob es jemanden gefallen könnte, oder sich gar in die Wohnung hängen würde.

Nach und nach wurde das Malen abstrakter Bilder zu meinem zweiten Beruf. Ich hatte erfolgreiche Ausstellungen und das Leben war gut. Dann wurde es noch besser, als ich eine deutsche Frau kennenlernte. Als ihre Zeit in Australien abgelaufen war, bin ich mit ihr 2003 nach Deutschland gezogen. Aufs Land. Das war möglich, weil meine Illustrationsarbeit inzwischen über das Internet lief. Früher musste ich immer in Großstädten leben, in der Nähe von Werbeagenturen, denn bei den Aufträgen spielte der Zeitfaktor immer eine große Rolle. Nun war ich auf dem Dorf - Schliengen-Liel. Sehr schön. Elke, meine Frau unterrichtete an einer Grundschule in der Nähe. Alles war gut und schön.

Natürlich musste sich was verändern. Das Internet war Segen und Fluch zugleich. Ist und bleibt es wohl. Ich bekam Aufträge aus der ganzen Welt und konnte in einem Dorf leben. Doch die Kunden waren plötzlich junge Leute, die nicht so treu waren, wie meine früheren Auftraggeber. Sie holten sich gleich mehrere Kostenvoranschläge und beauftragten dann jemanden in China, vielleicht einen Schüler, der noch bei seinen Eltern lebte. 

Langsam aber sicher rückte meine abstrakte Malerei immer näher in den Vordergrund, und die Illustrationsarbeit wurde zur Nebensache bis sie schließlich ganz verebbte. Wahrscheinlich hatte es sich rum gesprochen, dass ich schon über 40 sein könnte, also ein Greis.

Heute male ich - ich würde nicht sagen, wie ein Rentner, vielleicht eher wie ein Besessener, der nichts zu verlieren hat. - Leidenschaftlich eben. - Meine Bilder verkaufe ich mittlerweile über das Internet in alle Ecken der Welt. Es gibt einige Kunstverkaufsportale, die in dieser Hinsicht sehr hilfreich sind. Sie übernehmen den Verkauf, Versand und Zollabfertigung und ich muss jedes Mal eine Frachtkiste bauen. Da die ganze Sache auf internationaler Ebene stattfindet, kommuniziert man natürlich auf Englisch. Und deswegen gebe ich meinen Bildern gleich englische Titel, damit keine Verwirrung entsteht, so wie ich es während meiner Zeit in Australien und England gewohnt war.

Niemand kann die Zukunft vorhersagen, aber vieles wird anders, das weiß jeder. Das meiste verändert sich und so auch meine Malerei. Solange ich noch kann werde ich zur Veränderung beitragen. Hoffentlich immer im positiven Sinne. Das ist jedenfalls mein Wunsch.

Vielen Dank fürs Zuhören.

Ich  möchte noch eine Frage beantworten, die ich hin und wieder gestellt bekomme: Was habe ich mir bei dem einen oder anderen Bild gedacht, als ich es gemalt habe? 

Meine Bilder sind oft Ausdrücke von Gefühlen, nicht so sehr des Denkens. Sie kommen mehr vom Herzen als vom Verstand. Wenn jemand beim Betrachten meiner Bilder eine innere Regung verspürt, bedeutet das viel für mich. Wer weiß, vielleicht kann jemand sogar was ähnliches fühlen, was ich gefühlt habe, als ich es gemalt habe. Oder vielleicht empfindet jeder etwas anderes, und das ist auch in Ordnung.

Weniger…

Bunte Inspiration in dunklen Zeiten


Andrea Kühne, Badische Zeitung 1.12.2022

Im Schliengener Rathaus läuft bis Ende Februar eine Ausstellung mit Werken des Künstlers Thomas Steyer.


Thomas Steyer im Gespräch mit Gästen
Thomas Steyer im Gespräch mit Gästen der Vernissage. Foto: Andrea Kühne

Das Wasserschloss Entenstein ist nicht nur der Sitz der Gemeindeverwaltung von Schliengen, sondern auch ein Ort, an dem Kunst einen Platz im öffentlichen Raum bekommt. Aktuell ist bis Ende Februar 2023 eine Ausstellung des Malers Thomas Steyer zu sehen, der nach internationalen Stationen von Berlin über Istanbul und London bis Sydney vor einigen Jahren seinen Weg ins Markgräflerland gefunden hat und nun gemeinsam mit Sonia Itten das Kunstforum Schliengen betreut.

Im Rahmen einer Vernissage am vergangenen Samstag wurden einem zahlreich erschienenen kunstinteressierten Publikum in der Einzelausstellung "Thomas Steyer – Bilder im Schloss" 38 Werke präsentiert, die, so Bürgermeister Christian Renkert, in der dunklen Herbst- und Winterzeit inspirierend wirken und das Schloss bunter und frischer erscheinen lassen.

Als Weggefährtin führte Sonia Itten in die Ausstellung von Thomas Steyer ein, die für sie "die volle Pracht seines malerischen Schaffens" zeigt und von ihr im Gegensatz zur abstrakten Malerei als "ungegenständliche Malerei" bezeichnet wird. Diese weise nicht auf ein Objekt oder ein "Etwas" hin, sondern entstehe im Mal-Prozess ganz zufällig, könne aber dennoch beim Betrachter Emotionen, Erinnerungen und Stimmungen auslösen. Und das, ohne dass ein Gegenstand ablenke. Sie dürfe, so Itten, dem Publikum "das Denken und Fühlen nicht abnehmen". Sie forderte die Gäste bei ihrem anschließenden Rundgang dazu auf, sich den Bildern von Thomas Steyer mit ganz persönlichen Fragestellungen und Beobachtungen zu nähern, aus denen sie dann "viel Gutes an Erkenntnis, Freude, positiver Identität und auch Weisheit schöpfen können."

Thomas Steyer gewährte dem Publikum im Wasserschloss in einem Dialog mit Sonia Itten ganz persönliche Einblicke in seine Arbeitsweise: den Beginn eines Bildes, den Prozess und Workflow sowie die Fertigstellung. Ein Bild in Angriff zu nehmen hat bei Thomas Steyer immer etwas mit einer Hinwendung zu einem intensiven, manchmal auch unangenehmen Gedanken zu tun, der dann in Farbe umgewandelt wird. Manchmal ist es auch wie "Kettenrauchen", sagt er, wenn nach einem fertiggestellten Bild noch Farbe übrig ist, fängt er gleich ein neues an.

Das Betrachten des Bildes aus der Ferne, eine Schwarz-Weiß-Fotografie, das Bild auf den Kopf zu stellen oder im Spiegel zu betrachten, das Spiel mit Farbe und Pinselstrichen sowie die Übermalung und Reduktion begleiten den Malprozess mit den unterschiedlichsten Emotionen und münden in der Frage, wann ein Bild fertig ist. Nicht immer findet der Künstler dabei den richtigen Schlusspunkt und manchmal "wird ein Bild dadurch gerettet, weil ich rechtzeitig zum Essen gerufen werde", gesteht er.

Mit diesen Informationen im Hinterkopf und einem Glas Wein in der Hand hatte das Publikum dann die Gelegenheit, die ausgestellten 38 Werke – vom 1,80 X 3,60 Meter großen "Fair Play" bis zum 40 mal 30 Zentimeter kleinen "Brisant" – aus der Nähe zu betrachten, auf sich wirken zu lassen und in Gruppen zu diskutieren. Für eine Stunde konnten die Kunstinteressierten mit dem Eindruck der farbigen, frischen Bilder von Thomas Steyer den grauen November und die krisengeschüttelten Zeiten hinter sich lassen.


Plädoyer für mehr Respekt


Zoë Schäuble, Die Oberbadische 14.02.2022

Mit den Auswirkungen der Pandemie haben sich die Mitglieder des Vereins Bildende Kunst Lörrach künstlerisch auseinandergesetzt. Das Ergebnis war in einer Kunstausstellung im Dreiländermuseum zu sehen. Auch der Lieler Maler Thomas Steyer war beteiligt. Ihn hat das Thema nicht nur zu einem Gemälde, sondern auch zu einem Gedicht inspiriert.

„Respekt“ hat Steyer sein Gemälde getauft, das er in der Ausstellung „Was zählt?!“ zeigte. Thematisch behandelte die Ausstellung die Pandemie und insbesondere, wie die hiesigen Künstler sich davon betroffen fühlen.


Eine erschütterte Welt


Dominiert wird Steyers Gemälde von einem roten Fleck, um ihn herum sind pastellfarbene, gedeckte Farbtöne angeordnet. „Wie in Kandinskys ,Roter Fleck II’ soll auch hier der rote Fleck für die Autonomie von Formen und Farben stehen“, erklärt der Künstler und ergänzt: „Mit anderen Worten: Vor dem Fleck haben die anderen Formen und Farben Respekt.“ Das ist es, was Steyer mit der Pandemie verbindet und auch in seinem Gedicht mit dem Titel „Was zählt“ zum Ausdruck bringen will. Es geht um Isolation der Menschen, das Abhandenkommen zwischenmenschlicher Beziehungen und eine erschütterte Welt.


Erstmals auf deutsch


Vor dem Malprozess hat er sich mit dem Thema schriftlich auseinander gesetzt. Das Gedicht, das Steyers erstes in deutscher Sprache ist, stellt auch die Frage, ob man einfach so weitermachen kann, obwohl die Pandemie alles auf den Kopf stellt.


Annähern statt entfremden


Zentral hallt auch hier der Titel des Gemäldes wider. Ste­y­er erklärt: „Auch im Gedicht geht es um Respekt. Während der Pandemie haben wir vermutlich alle, wenn nicht persönlich, dann über unsere Familien oder Freunde zu spüren bekommen, wie man das Geschehen in der Welt mit ganz anderen Augen sehen kann.“ Viele, so nimmt der Künstler das aktuelle Geschehen wahr, hätten verzweifelt miteinander diskutiert und hätten, anstatt Annäherung zu finden, sich immer mehr voneinander entfremdet. Was wirklich zähle und was er auch mit dem Gedicht und Gemälde zum Ausdruck bringen wolle, sei die Bereitschaft, den Respekt voreinander zu bewahren, betont der Künstler. „Nur so können wir unterschiedlicher Auffassung sein und dennoch Seite an Seite in unserer demokratischen Gesellschaft leben.“


Wie er zum Schreiben kam


Eigentlich ist Steyer Maler. Seine Bilder verkauft er über verschiedene Internet-Galerien. Zum Dichten kam der Wahl-Lieler, weil er sich immer wieder an den „oft spröden Texten“, die die Gemälde beschreiben, und die als Erläuterungen oder Aussagen für die Kunstsammler bedeutend seien, gestört hat. Vor rund einem Jahr hat er deshalb begonnen, seine Gemälde mit selbstverfassten lyrischen Versen zu illustrieren. Steyer: „Die Texte machen die Kunstwerke visuell zugänglicher und zugleich sinnlich erfahrbar.“ In seiner Lyrik gehe es aber nicht um eine detaillierte Beschreibung der Gemälde.


Normalerweise dichtet Steyer, der teilweise in London studierte und viele Jahre in England und Australien lebte, auf englisch. Auch deshalb, weil seine Arbeiten auf dem internationalen Markt verkauft werden und ihm die englische Sprache geläufig sei.


In der Klinik ausgestellt


Zur Zeit hängen das Bild sowie das Gedicht im Foyer der Helios-Klinik in Müllheim als Teil einer gemeinsamen Ausstellung mit Sonia Itten.


Bild
Respekt 150cm x 100cm Öl auf Leinwand 2021

Was zählt

Das Leben ist schön, aber auch schwer,
für manche zu kurz, für andere nicht fair.
Wenn es anders kommt als man denkt,
da ist der eine schon mal gekränkt.
Der andre sieht es mit Begeisterung,
so hat das Leben für ihn noch Schwung.

Aber wenn ein Virus die ganze Welt befällt
und alles zerschellt - das geht ins Geld.
Dann ist auch unser Wohlstand schon bedroht,
und die Lebensqualität gerät in Not.

Regierungen versuchen uns zu schützen,
auch mit Finanzspritzen zu unterstützen,
aber die Spritzen in den Oberarm
sehen Leugner mit größtem Alarm.

Nun dachte man, die Welt hat sich vereint
und kämpft gegen den gemeinsamen Feind,
doch gibt es Leute mit denen kann man nicht reden,
sie können alles stets anders belegen.
Sie meinen, auf die da oben kann man nicht zählen,
deren Plan sei, ihnen die Freiheiten zu stehlen.

Dieses Misstrauen könnte uns leicht zerspalten,
dann wäre ein Bürgerkrieg kaum aufzuhalten.
Wie könnten Leugner ihre Angst verlieren,
damit sie endlich neues Vertrauen riskieren?

Wir sollten gute Beispiele setzen,
uns kümmern um den Ersten und den Letzten.
So entsteht ein guter Gemeinschaftssinn
für alle Ausgegrenzten ein Gewinn.

Ein respektvoller Umgang miteinander, der oft fehlt,
ist was zählt, so sehr zählt, zählt und zählt und zählt.

© Thomas Steyer